Unwort der Woche: Erneuerbare

Erneuerbare sagt man, wenn man (es eilig hat oder besonders cool ist und) von Erneuerbaren Energien (Energieträgern, Ressourcen, Rohstoffen …) reden will. Erneuerbar. – Erneuerbar?

Das Suffix ‑bar wirkt hier doch, vorsichtig gesagt, leicht verwirrend. Oder spricht es für die Verwirrung der Geister, die dieses Wort zuerst riefen? Was macht diese Nachsilbe hier, die wir doch nur mit der einen, eindeutigen Hauptbedeutung verwenden: „Man kann etwas mit etwas/jemandem machen.“ Das wissen wir aus unserer Erfahrung mit sämtlichen anderen Wörtern, in denen sie zum Einsatz kommt: von abänderbar bis zwischenspeicherbar geht es bei diesen „bar‑Adjektiven“ praktisch durchweg darum, klarzumachen, dass es möglich ist, das am Wortanfang stehende Verb zur Umsetzung zu bringen. Da geht es um Dinge, die von Akteuren, sprich: Menschen durchgeführt werden können. So vermittelt die Armada der bar-Adjektive (und weit sind sie verbreitet!) ihrem ideologischen Gehalt nach nicht zuletzt dies: Machertum ist angesagt. Starke, potente Menschen krempeln die Ärmel hoch! Wir können!

(Eine Ausnahme machen hier scheinbar nur wenige Wörter – die sind sonderbar und vielleicht gerade deswegen wunderbar.)

Viele Dinge können nun in diesem Sinne durchaus sinnvoll als erneuerbar bezeichnet werden: ein Bauteil, ein Mandat eine Erlaubnis … Aber Energiequellen und ökologische Ressourcen? Man spricht ja auch nicht von strahlbarer Sonne oder wehbarem Wind, auch nicht von fließbarem Wasser. Zurecht! Denn es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde (und darüber und darunter), auf die der Mensch, dieser Gernegroß, nicht einen Hauch von Einfluss hat und keine Aussicht darauf, dass sich das jemals ändern könnte. – Das fließbare Wasser, das sein Fließen ja der guten alten Gravitationskraft verdankt, hätte es dann wohl seiner hervorragenden Fallbarkeit zu verdanken, dass wir Menschenkinder so gütig sind, es in Stauanlagen zum Antreiben von Turbinen heranziehen? Aber sicher doch, in unserer unendlichen Großmut gestatten wir’s der Schwerkraft. Das Wasser möge ruhig fallen, wir sind ihm gewogen. Und erneuerbar? Na klar, wenn’s uns beliebt, lassen wir die Winde wehen und die Sonnen scheinen. Wie viele sollen’s heute sein?

Ob Zufall oder nicht – das Wort Erneuerbare scheint hier exakt mit der bodenlosen Hybris zu korrespondieren, mit der sich die Menschheit statt zum Hüter des Paradieses zum (vertriebenen? Getriebenen? Zur Potenz gezwungenen?) Schinder des ächzenden Erdballs macht. Da mag das Wort ein ganz treffendes Gleichnis sein für die Tragik der gärtnernden Böcke, die die Umwelt nun mit den gleichen Mitteln verzweifelt kaputtreparieren, die all das Zerstörungswerk erst angerichtet haben.

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