Unwort der Woche: Demokratur

Ein Kofferwort, ein Oxymoron, ein Kind der späten 1940er Jahre. Es ist wohl hier und da zu Hause, seine bevorzugten Aufenthaltsorte dürften aber die Münder von Kalauerliebhabern zum einen sein und die von Rechtsradikalen zum anderen.

Wohl kann man dem Wort den Anspruch zugestehen, dass es mit seiner Witzelei enttarnen, enthüllen, mit dem Finger auf den (vermeintlich) nackten Kaiser zeigen will. Dass ein solcher Anspruch nicht immer im Dienst der Aufklärung steht, kann das Wort Demokratur ganz trefflich illustrieren: Seine dumpf-polemische, bauernschlaue Gewitztheit wirkt wie der Ausdruck eines übelwollend-scheelen Blicks auf bestimmte gesellschaftliche Akteure oder Verhältnisse (die ihrerseits dann aber nur – absolut personalisierend – wiederum als Werk durchtrieben intrigierender Einzelner aufgefasst werden). Diese andeutende Art, über die Welt zu sprechen, die den Glauben des Sprechers erkennen lässt, dass er über ein besonderes Verständnis für ein unsichtbares, aber allgegenwärtiges Wirken verfügt, lässt ohne Weiteres die enge Geistesverwandtschaft zum Antisemitismus erkennen. Es herrscht ein Selbstverständnis als rechtschaffener Denunziant, der die schlichte, frappierende, von bösen Mächten aber hintangehaltene Wahrheit ausspricht.

Es nimmt nicht wunder, dass dieses politische Jargonwort aus dem postnazistischen Kielwasser des besiegten NS-Staates auch in der Gegenwart in Diskursen von rechts-verschwörungsgläubigem Gepräge gern verwendet wird. In diese fügt sich das Wort Demokratur so sauber ein wie ein passendes Puzzleteil. – Dass es auch unschuldig sein kann, sei ihm zugestanden. (Ob es dadurch nun gerade sympathischer wird, wäre eine andere Frage: Gerade seine Janusköpfigkeit passt unangenehm gut zum böse tändelnden Spiel mit den Worten und Wörtern, wie es Demagogen und dies es gern wären betreiben.)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert