Ein Wort, das mit seinem politischen Anliegen laut und deutlich über jedes vernünftige Ziel hinausschießt. – Sicher: Da gibt es die Rotten der vollkommen Irren, die von Echsenmenschen, flacher Erde und kinderbluttrinkendem Weltjudentum daherfaseln. Unter ihnen sicher ohne Weiteres auch Subjekte, die glauben, die Welt um sie herum hätte sich das Virus bloß ausgedacht. Diese Gestalten: nenne man tausendmal Coronaleugner. Es stimmt ja.
Alle diejenigen hingegen, die, ohne die Existenz des Virus abzustreiten, etwa der Meinung sind, dass SARS‑CoV‑2 weniger gefährlich sei als mehrheitlich angenommen; die meinen, dass Freiheitsrechte und Gesundheitsschutz stärker zugunsten der Ersteren gewichtet werden sollten; die aus diversen Gründen der dominierenden Deutung der Faktenlage oder dem gesellschaftlich ausgehandelten Umgang mit der Coronapandemie reserviert oder ablehnend gegenüberstanden oder ‑stehen: Alle diese Leute, wie weithin üblich, mit dem Verdikt „Coronaleugner“ zu belegen, ist ja – kaum nötig, zu erwähnen – objektiv nicht korrekt.
Diese Art der Diskursführung macht die Sprache zur Waffe: Statt des millimeterweis sauber sezierenden Skalpells, das verantwortungsvoll abgeschmeckte Sprache auch sein kann, wird sie zum wüst geschwungenen Säbel. Auf der Theaterbühne der polemischen Überspitzung – in Satire, Glosse und Kommentarspalte – kann man solch einen Sarrass mit jeder Berechtigung der Welt niedersausen lassen. Wo aber Menschen im Alltag scharenweise derart die Worte zu Schild und Schwert sich schmieden, kann es passieren, dass ihre Waffen anderen Leuten Sorgenfalten in ihre armen Stirnen furchen. (Die sollen sich mal nicht so haben – was für wetterfühlige Sensibelchen …!)